Seit einiger Zeit habe ich großes Vergnügen daran, historische Fotos partiell zu kolorieren und durch Farbe in die heutige Zeit zu holen. Seit vielen Monaten beschäftige ich mich mit den Fotos der Sammlung, die die Grundlage für Ein gutes Händchen bildet. Für mich wirken trotz ihrer hohen fotografischen Qualitiät manche der Schwarzweiß-Aufnahmen oft freud- und lichtlos, vor allem die Landschafts- und Stadtaufnahmen. Was wohl daran liegt, dass der Fotograf für die Freilichtaufnahmen auf Sonnenlicht oder zumindest beste Lichtverhältnisse angewiesen war, die er natürlich nicht immer vorgefunden hat.
Seit Beginn der Fotografie wurde nachgefärbt
Das nachträgliche partielle Nachfärben von Fotografien wurde schon in der Frühzeit der Fotografie praktiziert. Ich gehe davon aus, dass auch damals das Bedürfnis nach Farbe und nachempfundener Sonneneinstrahlung ausschlaggebend war. Was heute mit Photoshop am Computer geschieht (aber dennoch sehr aufwändig ist), wurde im 19. und 20. Jahrhundert mittels Luftpinsel oder Airbrush durchgeführt. Vor allem in der Werbefotografie oder auch für Ansichtskarten wurde diese Technik angewendet. Bei dieser Form der Retusche wird Farbe aus einem kleinen Behälter mittels Druckluft durch einen Zerstäubers gepresst und gelangt auf den Bildträger, ohne dass der Luftpinsel die heikle Bildoberfläche berührt. Dieses Verfahren eignete sich besonders für größere Flächen, da die Farbe so fein aufgespritzt wird, dass sie sich kaum von der Bildoberfläche unterscheidet. Die Teile des Fotos, die nicht gefärbt werden sollten, wurden mit eigens angefertigten Schablonen abgedeckt. Für kleinere Flächen wurde auch mit einem weichen Pinsel retuschiert. Tolle Beispiel für kolorierte Ansichtskarten finden sich im letztes Jahr zugänglich gemachtem Ansichtskarten-Online Archiv der Oesterrreichischen Nationalbibliothek.
Farbe bringt Lebendigkeit in historische Fotografien
Die Fotografien der Sammlung ein gutes Händchen sind in vielerlei Hinsicht perfekt: das Motiv passt, ebenso der Bildausschnitt, Schärfe, Belichtung und Kontrast auch, aber die technischen Möglichkeiten eines Amateurfotografen um 1915 waren eben doch beschränkt. Ich bin sicher, hätte der Fotograf die Möglichkeit für mehr Farbe und Sonnenlicht in seinen Bildern gehabt, hätte er sie ergriffen – so helfe ich ein bisschen nach und habe meinen Spaß dabei. In den vielen Monaten, in denen ich mich mit den Fotos der Sammlung beschäftigt habe, kam ich zu der Überzeugung, dass das Leben dieser Familie in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg ein sehr gutes Leben war. Die Farbe bringt die Lebensfreude und Fröhlichkeit vieler damaliger Unternehmungen wieder zum Ausdruck.